Wie Versicherungslücken in der Lieferkette durch die Corporate Social Responsibility zum Bumerang werden
Das Umweltrecht liefert vielfältige Haftungsmöglichkeit für Schäden durch betriebliche Tätigkeiten und durch die in den Verkehr gebrachten Produkte und Dienstleistungen.
ABER: Es ist gängige Praxis bei geschäftlichen Vereinbarungen zwischen Lieferanten und Abnehmern diesen Haftungsbereich auszuklammern bzw. nicht zu beleuchten.
Vertragsklauseln zur Regelung der Haftung oder einer Versicherungspflicht im Rahmen einer Geschäftspartnerschaft sehen meist nur die Absicherung von Sachschäden und Personenschäden vor. Diese Schäden lassen sich über die Betriebshaftpflicht- bzw. die Produkthaftpflichtversicherung weitgehend abdecken.
Beispiel1:
Der Lieferant ist verpflichtet eine Haftpflicht- oder Produkthaftpflichtversicherung während der Laufzeit dieser Lieferantenvereinbarung vorzuhalten. Diese Versicherung muss eine Deckung für Personen- und Sachschäden aufweisen. … Des Weiteren ist der Lieferant verpflichtet eine Rückrufkostenversicherung mit einer Deckungssumme von EUR… je Ereignis abzuschließen… .
Beispiel 2:
The Partner shall at its own expense effect and maintain during the term of this Agreement such insurance coverage required by applicable statutory insurance requirements and appropriate, in particular but not limited, for health, life, liability, accident, damage to property and pecuniary loss of third parties (Betriebshaftpflichtversicherung) and other policies necessary and required in conducting the Partner’s business with coverage of at least EUR 2 (two) million for personal injury, EUR 1 (one) million for property damage and EUR 100.000 (onehundredthousand) for pecuniary loss per contract year.
Beispiel 3:
Der Lieferant verpflichtet sich zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung und Produkthaftpflichtversicherung, die die Abdeckung von Ansprüchen wegen Produkthaftung, sowie entsprechender Ansprüche zum Gegenstand hat und erklärt sich bereit, den Versicherungsschein auf erstes Anfordern XXXX zur Einsichtnahme vorzulegen. Das gilt für die Dauer dieses Rahmenbelieferungsvertrages und aller unter diesem Rahmenbelieferungsvertrag abgeschlossenen Lieferverträge.
Die Betriebshaftpflichtversicherung ist mit folgenden Mindestversicherungssummen je Schadensfall nachzuweisen: für Personenschäden in Höhe von 1 Mio. Euro; für Sach-, Vermögens- und sonstige Schäden in Höhe von 1 Mio. Euro je Schadensfall.
Nicht bzw. unzureichend geregelt werden damit Umwelthaftpflichtschäden, also Schäden durch eine Einwirkung auf die Umwelt im Zuge der Geschäftstätigkeit. Außerdem, wird damit keine Regelung für Umweltschäden getroffen. Also für Schäden an geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen, Schäden an Gewässern oder Schäden am Boden. Die Vereinbarungen gehen auch bei den Schadenarten ins Leere, da Umweltschäden üblicherweise Vermögensschäden sind. Sachschäden, so wie sie das Betriebshaftpflichtversicherungsmodell definiert, decken zwar den individuellen Sachschaden durch eine betriebliche Tätigkeit z. B. am Grundstück eines Geschädigten, aber nicht den Allgemeinschaden durch die Ausbreitung einer Schädigung in der Umwelt. Personenschäden sind sowieso irrelevant.
Für Schäden durch Umwelteinwirkungen und Schäden an der Umwelt besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz durch die Betriebshaftpflichtversicherung und auch nicht durch die Produkthaftpflichtversicherung. Umweltrisiken müssen mit zusätzlichen Bausteinen im Rahmen der gewerblichen und beruflichen Haftpflichtdeckung versichert werden.
Angenommen, es kommt im Rahmen der geschäftlichen Zusammenarbeit zu einem Umweltschaden, für den einer der Geschäftspartner in der Lieferkette als Verursacher haften muss und bezahlen müsste.
Angenommen, die Schadensumme übersteigt die finanzielle Leistungsfähigkeit des Geschäftspartners und es wurde zwar der vereinbarte, aber nicht der richtige Versicherungsschutz vorgehalten.
Will man dann aufgrund seiner Corporate Social Responsibility die Verantwortung für den Umweltschaden übernehmen und selber für die Kosten aufkommen um seine Reputation zu schützen? In jedem Fall drohen Konflikte mit den Stakeholdern, also z. B. Mitarbeitern, beteiligten Behörden oder der Öffentlichkeit und natürlich den Shareholdern. Ein Schadenfall mit starker öffentlicher Aufmerksamkeit dürfte die Situation noch erschweren und den Druck erhöhen. Die Organe von Kapitalgesellschaften stehen zusätzlich vor dem Problem mit ihrem Privatvermögen für Schäden zu haften, falls sie das fehlerhafte Lieferantenmanagement zu vertreten haben.
Der Standard im Versicherungsmanagement bei Lieferketten sollte die ausdrückliche Absicherung der Umweltrisiken in der Geschäftspartnerschaft beinhalten und hierzu das Haftpflichtversicherungsmodell des GDV berücksichtigen. Das passende Deckungskonzept klärt man am besten zusammen und mit seinem Versicherungsspezialisten. Und das bitte rechtzeitig, denn in der Umweltrisikoversicherung gibt es keine Vorsorgedeckung!
Unsere Umwelt sollte in keinem Fall auf einem Schaden sitzen bleiben.
Wedel, 28.11.2021 Text von Christian J. Fuchs – www.fmp-fuchs.de