Keiner kann was für die Jahrhundertflut – oder doch? Gibt es Sekundär-Schuldige die den Schaden verschlimmert haben? Wer kann in die Mit-Haftung genommen werden?
Während der Flutkatastrophe im Juli 2021 kam es zu einem schlimmen Erdrutsch in Erftstadt. Nun wurde ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere „Verdächtige“ eingeleitet, wegen des Verdachts der fahrlässigen Herbeiführung einer Überschwemmung durch Unterlassen, wegen Baugefährdung und wegen Verstoßes gegen das Bundesberggesetz.
Durch den Starkregen ist eine behördlich genehmigte Kiesgrube eines Tagebaus an der Erft vollgelaufen und dann abgerutscht und hat dann mehrere Gebäude mitgerissen.
Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den Eigentümer des Tagebaus, fünf Mitarbeiter des Betreibers des Tagebaus und vier Mitarbeiter der Bezirksregierung Arnsberg hierfür „irgendwie“ (mit-)verantwortlich zu sein. Ob und wie die jeweilige Verantwortlichkeit ausgesehen haben könnte, ist Gegenstand des Ermittlungsverfahrens. In einem ersten Schritt wurden jetzt im Januar 2022 über 20 Büro- und Wohnanschriften durchsucht.
In diesem Blog geht es nicht um das Unglück, die Umstände oder um Schuld. Es geht darum aufzuzeigen, wie schnell man unter Verdacht gerät.
Es geht außerdem darum bewusst zu machen, dass bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sehr unangenehm, belastend und kostspielig für alle Beteiligten sein kann.
Jedes Ermittlungsverfahren und vor allem jedes Strafverfahren ist langwierig und TEUER, weil man unbedingt auf professionelle Unterstützung angewiesen ist. Fragt man nun nach dem passenden Versicherungsschutz zur Deckung der Kosten für spezialisierte Anwälte, ggf. ausbleibende Gehälter, Kosten für Sachverständige, Kosten zur Imagewahrung uvm., so kann man 3 (drei) Versicherungsarten in Betracht ziehen. Die Haftpflichtversicherung, die Straf-Rechtsschutzversicherung und die D&O-Versicherung.
Wie kann eine Haftpflichtversicherung helfen?
Fraglich ist, ob eine eventuelle Haftpflichtversicherung des Betreibers oder des Grundstückseigentümers für die Mitversicherten einspringt, um die Kosten zu decken. Die Antwort ist tendenziell „Nein“.
Die Musterbedingungen des GDV Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung (AVB BHV) lauten:
„A3-4.3 Wird in einem Strafverfahren wegen eines Schadensereignisses, das einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch zur Folge haben kann, die Bestellung eines Verteidigers für den Versicherungsnehmer von dem Versicherer gewünscht oder genehmigt, so trägt der Versicherer die gesetzliche Vergütung oder die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers“
Warum besteht kein Deckungssschutz für den oben geschilderten Fall?
Es wurde noch kein Strafverfahren eingeleitet! Die Staatsanwaltschaft stellt nur Ermittlungen an. Die versicherten Personen sind bisher nur verdächtig.
Zu denken geben sollte einem auch, dass der Schutz für die Strafverteidigung vom Haftpflichtversicherer gewünscht oder genehmigt sein muss. Der Betroffene selbst, der sicherlich schlaflose Nächte hat, ist nie der Herr des Geschehens, sondern vom Goodwill eines Sachbearbeiters abgängig.
Die Straf-Rechtsschutzversicherung ist eine sinnvolle Ergänzung für jede Haftpflicht-Versicherung
Das stimmt, denn wer eine Straf-Rechtsschutzversicherung hat, kann VIELLEICHT aufatmen.
Aber welchen Deckungsschutz bietet denn der abgeschlossene Vertrag genau? Besteht auch Deckungsschutz für diesen konkreten Fall? Die Tücken und Lücken stecken in den kleinen Details. Kurz gesagt, es bleibt beim „Vielleicht“, das sogar zum „Nein“ werden kann, wenn man nicht den richtigen Tarif ausgesucht hat.
Die D&O-Versicherung ist das Must-Have für jede GmbH
Das stimmt auch, denn wer eine D&O-Versicherung bzw. Geschäftsführerhaftpflichtversicherung hat, kann ebenfalls VIELLEICHT aufatmen. LEIDER kommt es wiederum auf die vertraglichen Bedingungen im Einzelfall an. Nach allen Regeln der Versicherungskunst sollte eine Manager-Strafrechtsschutz im Deckungsumfang „irgendwie“ gegeben sein.
5 gute Gründe für ein professionelles Versicherungsmanagement zusammen mit seinem Versicherungsmakler
Erstens: Auch wer nichts tut (Unterlassen) kann strafrechtlich belangt werden!
Zweitens: Schon bei oder sogar vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens braucht man spezialisierte anwaltliche Hilfe – und die ist immer teuer, und selten versichert!
Drittens: Das Strafrecht richtet sich immer gegen natürliche Personen. Bei einer GmbH z. B. wird automatisch gegen ALLE Mitglieder der Geschäftsführung und Leitende Angestellte (Directors & Officers) ermittelt.
Viertens: Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren öffnet unter Umständen die Tür für die zivilrechtliche unbeschränkte Haftung nach § 823 BGB. Wer gegen ein Schutzgesetz verstößt, macht sich haftbar.
Fünftens: Niemand ist eine Insel! Dieser Fall zeigt beispielhaft, dass nicht nur die direkt Zuständigen ins Visier von Ermittlungen geraten, also z. B. die Organmitglieder beim Betreiber. Betroffen sein können immer ALLE, die aktiv oder passiv, direkt oder mittelbar beteiligt waren oder beteiligt gewesen sein könnten.
Wedel, 12.01.2022 Dipl.-Kfm. Christian J. Fuchs
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Erweiterter Straf-Rechtsschutz und der Vorwurf eines Verbrechens