Was leistet der Abwehrrechtsschutz in der Produkthaftpflichtversicherung?
Ein Medizinproduktehersteller hat 2009 eine Hüftprothese in den Verkehr gebracht, die einem Patienten im Jahr 2010 implantiert wurde.
Im November 2017 kam es zu einem Bruch der Schaftkomponente des Hüftimplantats, so dass die gebrochene Prothese operativ ausgetauscht werden musste.
Als Grund für den Bruch konnte der Geschädigte im Prozess einen Konstruktionsfehler beweisen. Der Bruch einer Prothese nach wenigen Jahren ist keine normale Verschleißerscheinung. Ein Implantat muss deutlich länger halten.
Die erste große Hürde zur Produkthaftung war damit überwunden und die volle Schadenersatzpflicht nach § 1 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) „eigentlich“ gegeben – der Hersteller ist für den Personenschaden verantwortlich.
ABER: Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens war eine erhöhte Komplikationsrate durch aufgetretene Prothesenbrüche noch nicht bekannt. Das Produkt entsprach im Jahr 2009 und 2010 dem damaligen höchsten Kenntnisstand in der Wissenschaft und Technik.
Ist die Haftung des Herstellers und Quasi-Herstellers für fehlerhafte Produkte automatisch gegeben oder gibt es Ausnahmen?
Mit der Antwort auf diese Frage gemäß § 1 Abs. 2 ProdHaftG müssen sich Anwälte, Gutachter und Gerichte beschäftigen, und das kostet viel Geld. Der vorliegende Fall beschäftigte sogar alle Instanzen bis zum obersten Gerichtshof im Jahr 2023.
Die Prozesskosten für einen Rechtsstreit über 50.000 Euro für Schmerzensgeld, OP-Kosten und Verdienstausfall summieren sich schnell auf die gleiche Summe.
Eine Produkthaftpflichtversicherung deckt auch diese erforderlichen Kosten zur Feststellung und zur Abwehr von unberechtigten Ansprüchen.
Aber Vorsicht: Bei Auslandsschäden zum Beispiel werden die Kosten auf die Versicherungssumme angerechnet.
Sind die Abwehrkosten zu hoch oder die Versicherungssumme zu niedrig, so bleibt kein Geld mehr für Begleichung der berechtigten Ansprüche von Geschädigten, wie Schmerzensgeld, OP-Kosten, Verdienstausfall usw.
Wer auf eine spezialisierte Produkthaftpflichtversicherung verzichtet, der verzichtet auf den Abwehrrechtsschutz und die juristische Expertise im Schadenfall.
Wie entwickelt sich das Produkt-Haftungsrisiko für Unternehmer?
Die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie aus 2024 hat unter anderem zum Ziel, die Beweislast für geschädigte Personen zu senken. Es soll für Geschädigte leichter werden nachzuweisen, dass das Produkt fehlerhaft war und dass dieser Fehler den erlittenen Schaden verursacht hat.
Damit steigt das Haftungsrisiko für Unternehmen deutlich. Gab es bisher mehrere Hürden zur Feststellung der Haftung, so sind es künftig weniger bzw. kleinere Hürden zur Haftung.
Zusätzlich kommen haftungsverschärfend kontiniuerlich steigende EU-Produktsicherheitsvorschriften hinzu.
Der EU-Gesetzgeber will sicherstellen, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden.
Fallen Produkte unter spezielle Rechtsvorschriften wie z. B. über Medizinprodukte, Arzneimittel, Lebensmittel, Spielzeug usw. müssen sie die darin festgelegten Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen voll erfüllen.
Die allgemeinen und speziellen Rechtsvorschriften zur Produktsicherheit enthalten zwar keine Regelungen über die Haftung von Unternehmen. Verstößt ein Produkt jedoch gegen irgendeine der vielen Vorschriften zur Produktsicherheit, so ist dieses Produkt grundsätzlich als „fehlerhaftes Produkt“ im Sinne von §§1 bis 3 des Produkthaftungsgesetzes anzusehen.
Als spezialisierter Versicherungsmakler vermitteln wir Versicherungslösungen mit besonderen Klauseln.
Unser Ziel ist es, Ihre Haftung und die damit verbundenen finanziellen Folgen bestmöglich abzusichern.
Wedel, 08.04.2024, Dipl.-Kfm. Christian Fuchs ist der „Versicherungs-Fuchs“ für Produkthaftpflichtversicherungen und staatlich geprüfter Haftpflicht-Underwriter (DVA)